Page 6 - Al-Ghazali Intention Leseprobe
P. 6

ü b er   in t e n t io n   . ..

                   Himmel des literarischen Erbes der Menschheit im allgemeinen
                   und des der Muslime im besonderen, rückt die Grundfragen des­
                   sen in den Blick, was eine Handlung zu einer guten macht, durch
                   welches seiner Momente sie vom Herrn der Universen akzeptiert,
                   ja geliebt wird und was es ist, wodurch wir als Handelnde zu
                   wahren Menschen werden, mit einer Ehre bekleidet, die von den
                   Himmeln kommt.
                     Gute tausend Jahre bevor der deutsche Philosoph Immanuel
                   Kant mit dem guten Willen die Absicht als das wesentliche Kri­
                   terium der Moralität einer Handlung erkannte, war dieses alles­
                   entscheidende Prinzip jeden Tuns und (intendierten) Lassens
                   von Sayyidinâ Muªammad k, dem Propheten des Islams, der
                   Menschheit verkündet worden.
                     Er berichtet beispielsweise (vgl. u. S. 26), daß, wenn die Engel
                   dem Herrn der Welten Berichte über gute Werke eines Menschen
                   auf versiegelten Blättern vorlegen, dieser oftmals sagt: „Werft
                   dieses Blatt weg, denn er hat mit dem, was darauf steht, nicht
                   mein Antlitz gesucht.“ Und  Er befiehlt: „Schreibt für ihn das und
                   das an, schreibt für ihn das und das an!“ Ihrem Einwand: „Aber, o
                   Herr, er hat ja von dem gar nichts ge tan.“ tritt Er mit den Wor-
                   ten entgegen: „Aber er hat es gewollt“.  Und wenn der Prophet,
                   auf dem der Friede sei, angesichts dessen, daß zwei voller Haß
                   gegeneinander mit dem Schwerte kämpfen und einer den anderen
                   tötet, seinen Leuten erklärt, daß auf beide das Höllenfeuer warte,
                   und den Widerspruch eines Gefährten, „Aber der eine hat doch
                   den anderen nicht getötet“ mit den Worten quittiert, „aber er

                     für etwas ist, das wir im Deutschen Absicht nennen, wir damit eigentlich
                     im Titel zweimal die „Absicht“ haben, einmal mit dem Attribut „rein“
                     ver sehen. Zur Vermeidung einer solchen, mit Hilfe des Lateinischen nur
                     verschleierten, Äquivokation hätten sich auch „Absicht“, „reine Gesinnung“
                     und „Aufrichtigkeit“ angeboten.

                                               8
   1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11