Page 19 - Die Oasen des Imans_Leseprobe
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Gülseren Gümüş
Vierzig Tage. Ich zeichnete in mein Schulheft Stri-
che, um die vierzig Tage zu zählen. Die gleichen Stri-
che zeichnete ich auch an die Wand, neben der mein
Bett stand.
Vierzig Tage. Während meine Puppe mit jedem Tag
alterte, erneuerten sich meine Hoffnungen.
Vierzig Tage und die vierzigste Nacht. Ja, jetzt gehe
ich zu dieser Nacht. Meine Augen habe ich wieder auf
die Decke gerichtet und habe einen Kreis gezeichnet.
Das ist die Welt, auf der Welt das Leben und im Le-
ben ich. Heute Nacht werde ich nicht schlafen. Wenn
ich einschlafen würde, könnte ich den Zeitpunkt mei-
nes Laufens verpassen. Ich sollte nicht einschlafen. Au-
ßerdem wollte ich vor meiner Mutter aufstehen und das
Frühstück für alle zubereiten. Ich hatte noch viel zu tun,
sehr viel zu tun.Es ist nicht leicht für eine große Fami-
lie Frühstück zuzubereiten.
Ich sollte ab und zu die Kraft in meinen Beinen prü-
fen. Wie sollte ich ansonsten die neue Kraft in meinen
Beinen erkennen. Mein Verstand zwingt meine Bein-
muskulatur, als ob sie meinem Bein den Befehl gibt,
sich zu bewegen. Nicht mehr als eine Bewegung, die
mir schon immer bekannt war. Ich sollte noch ein bis-
schen warten, wahrscheinlich war die Zeit noch nicht
gekommen. Außerdem ist bis zum Morgen noch Zeit.
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