Page 11 - Das Leben des Propheten Leseprobe
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vorwort
hat gerade Ibn Isªâqs Werk aufgrund der Fülle von Gedichten
und gewisser typen von anekdoten durchaus auch viele berüh-
rungspunkte zur schönen Literatur, dem adab. Charakteristisch
für die Óadîth-Literatur war die Überliefererkette (isnâd), mit
deren hil fe der autor die herkunft seiner nachricht nachwies,
entspre chend etwa unseren Fußnoten in wissenschaftlichen ab-
handlungen. stereotype Formulierungen wie „es berichtete mir
a von b von C, daß der Prophet gesagt hat ...“ lassen zwar den
eindruck aufkommen, es handele sich dabei grundsätzlich um
mündliche Überlieferung, doch wissen wir heute, daß sich hinter
den in solchen Formulierungen enthaltenen namen nicht selten
ältere autoren verbergen, von denen z. b. auch Ibn Isªâq, wie
bereits angedeutet, lediglich wieder abgeschrieben hat. Diese
Überliefererketten sind auch in andere bereiche der arabischen
Literatur eingedrungen und verleihen ihr oft insofern ein seltsam
anmutendes atomisiertes Gepräge, als sie jede fortlaufende Dar-
stellung, z. b. eines historischen Vorganges, ständig unterbrechen
und der Leser etwa die schilderung einer schlacht in kleinen,
voneinander oft völlig unabhängigen augenzeugenberichten
über diese oder jene private Keilerei serviert bekommt. Ibn Isªâq
zeichnet sich dabei noch wohltuend durch die spärliche Verwen-
dung der Überliefererketten aus, ja an vielen stellen verzichtete er
völlig auf entsprechende angaben oder faßte sie zu beginn eines
längeren abschnittes zusammen. Dadurch wirken seine berichte
geschlossener und entsprechen mehr unserem europäischen
Formgefühl, ohne daß der für die arabische Geschichtsschreibung
so typische anekdotenhafte stil verlorenginge. Dem deutschen
Leser wird – von eingestreuten Gedichten einmal abgesehen –
die nüchterne Darstellungsweise auffallen, vor allem wenn er die
vielzitierte blumige ausdrucksweise des orients in diesem buch
zu finden glaubte. Die frühe arabische Literatur ist in ihrer Prosa
nüchtern, oft sogar spröde. Daß die Darstellung trotzdem oft sehr
lebendig wirkt, verdankt sie den augenzeugenberichten und dem
daraus resultierenden stilmittel der direkten rede, die der araber
stets jeder anderen art von beschreibung vorzog. ein weiteres
Merkmal der historischen und vielfach auch der schönen Litera-
tur ist die ungeheuere Fülle der auftretenden namen, die dem
europäischen, nicht fachlich vorgebildeten Leser den Zugang zu
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