Page 10 - Die Oasen des Imans_Leseprobe
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Al-Iqtiṣād fī al-Iʿtiqād
2.1 Nichtsunnitische Denkschulen
Es gibt Denkschulen, die sich als sunnitisch bezeichnen und
solche, die die Bezeichnung Sunnitentum per se ablehnen. Als
Sunniten bezeichnen sich die Richtungen, die die Sunna, also
die Aussagen und Lebensweise Muḥammads ﷺ, uneinge-
schränkt als Quelle neben dem Qurʾān annehmen. Der Begriff
Sunnitentum ist kein Gegenbegriff zum Schiitentum allein, wie
oft vereinfacht dargestellt wird.
Die bekanntesten auch heute noch existierenden nichtsunniti-
schen Gruppierungen sind die Schiiten, die Muʿtazila, die Ibadi-
ten, die Ḫawāriǧ und die Murǧiʾa. Im Folgenden werden knapp
die Grundzüge und Dogmen dieser Gruppierungen vorgestellt.
Wer als deutschsprachiger Leser mehr Details hierüber erfah-
ren will, sei auf das klassische Werk al-Milal wa an-niḥal von aš-
Šahrastānī verwiesen, das von Theodor Haarbrücker vollstän-
dig unter dem Titel Abu-‘l-Fath’ Muh’ammad asch-Schahrastāni’s
Religionspartheien und Philosophen-Schulen ins Deutsche über-
setzt und im Jahr 1850 vom Verlag C. A. Schwetschke und Sohn
in Halle publiziert wurde.
2.1.1 Muʿtazila und Mutakallimūn
Diese Gruppierung gehört zu den sogenannten Mutakallimūn,
den durch griechische Aussagenlogik beeinflussten Denkschu-
len. Die Muʿtazila bezeichnet sich selbst als ʾahl at-tawḥīd wa al-
ʿadl „die Leute des Monotheismus und der Gerechtigkeit“.
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