Page 12 - Barnabas Leseprobe
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wahres evangelium jesu
             Lebenslauf Jesu, und zwar, wie wir annehmen können, aus dem
             Hebräer-Evangelium.
               Eine weitere und sehr interessante Gemeinsamkeit zwischen
             den Manuskripten der Ferrar-Gruppe und dem Barnabas-Evan-
             gelium ist hinsichtlich der Sünderin-Perikope die Zusatzinforma-
             tion, daß die Ältesten ihre eigenen Sünden auf dem Boden lesen
             konnten. Diese Besonderheit fehlt in den vielen Manuskripten,
             welche die Episode aus Papias ins Johannes-Evangelium einge-
             fügt haben. Dort steht nur: „Aber Jesus bückte sich nieder und
             schrieb mit dem Finger auf die Erde.“ (Joh. 8,6) Auch
             der älteste Zeuge der Perikope, der Codex Bezae, sonst für Zu-
             sätze berühmt, weiß nur, daß Jesus auf die Erde schrieb. Offenbar
             fehlte in der dort verwendeten Version des Papias-Kommentars
             ein wichtiges Detail, ohne das die Handlung Jesu des Schreibens
             auf dem Boden unverständlich bleiben muß.
               Erst aus dem Barnabas-Evangelium (Kap. 201) erfahren wir
             die genauen Umstände, die jene Handlung Jesu überhaupt ver-
             stehen lassen, wo es heißt: „Da beugte Jesus sich hinunter und
             machte mit dem Finger einen Spiegel auf den Boden,
             in dem ein jeder seine eigenen Verfehlungen sah. Da
             sie weiter auf eine Antwort drängten, erhob sich Jesus und sag-
             te, indem er mit dem Finger auf den Spiegel zeigte: „Wer von
             euch ohne Sünde ist, der soll der erste sein, sie zu steinigen.“
             Und erneut beugte er sich hinunter und  formte  den  Umriß
             des Spiegels. Als die Männer dies sahen, gingen sie einer nach
             dem anderen hinaus …“.
               Ein Anklang dieses Motivs findet sich beim späten Hierony-
             mus, der das Hebräer-Evangelium vielfach zitiert und es nach
             eigenen Angaben auch übersetzt hat, wo es heißt: „Keiner der
             Ankläger der beim Ehebruch erwischten Frau waren ohne Sün-
             de. Christus schrieb deren Namen auf die Erde.“ ( Schrif-
             ten gegen die Pelagianer (2,17))
               Und in der ältesten armenischen Bibelhandschrift heißt es:
             „Eine gewisse Frau wurde in Sünden aufgegriffen, gegen die alle
             bezeugten, daß sie den Tod verdiene. Sie brachten sie zu Jesus,
             um zu sehen, was er befehlen würde, um ihn dann zu verdam-


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