Page 1 - Barnabas Leseprobe
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Medet Maulana Sheikh Nazim al firdauzi

                            einleitung

                   Vermächtnis der Nazaräer

             Eine textanalytische und historische Würdigung
                       des Barnabas-Evangeliums


                          Von Raimundus Lullus
         Das  Barnabas-Evangelium, welches hier, zwanzig Jahre
         nach seiner ersten Veröffentlichung in deutscher Sprache, erneut
         aufgelegt wird, ist einer der rätselhaftesten Texte des Christen-
         tums. Es vereinigt in sich Momente des Jüdischen mit solchen
         des Christlichen und solchen, die islamisch anmuten. Zur Kenn-
         zeichnung des Zusammentreffens dieser drei Religionen in ei-
         nem und demselben Text hatte Henry Corbin seinen Essay über
         das Barnabas-Evangelium, ihres gemeinsamen Stammvaters ge-
         denkend, unter den Titel „Harmonia Abrahamica“ gestellt.
           Als „abrahamitische“ Evangelienharmonie, welche die über-
         kommenen Gleichnisse Jesu zur Einheit einer Beschreibung sei-
         nes Lebens bringt, zeigt das Barnabas-Evangelium eine Mehrdi-
         mensionalität, die den Religionswissenschaftler irritiert, da es
         das heute gültige Modell christlicher Religionsgeschichte her-
         ausfordert. Es überrascht nicht, daß das Barnabas-Evangelium
         mit zunehmendem Bekanntheitsgrad gerade in den letzten drei-
         ßig Jahren zum Gegenstand christlicher Polemik geworden war.
         Beispielhaft sei hier auf den irreführenden deutschen Wikipedia-
         Artikel (Januar 2014) verwiesen, dessen bornierte Befangenheit
         im  Vergleich  zum  informativen  Wikipedia-Artikel  des  engli-
         schen Sprachraums deutlich zutage tritt.








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